WIR BAUEN AUS LEIDENSCHAFT!

Die Hamburger Architektinnen Laura Jahnke, Inga Schminck und Alexandra Bub im Interview mit ARCHITURA.

Wer ein Haus bauen möchte, holt sich einen Profi an Bord. Doch welchen Spezialisten betraut man mit dieser Aufgabe? Bauträger oder Architekt – das ist hier die Frage. Der Schwerpunkt beim Bauträgergeschäft liegt in der Standardisierung. Wem zudem eine gewisse Sicherheit wichtig ist, wer früh wissen möchte, wie sein Haus aussieht und wann es fertig ist – der ist hier genau richtig. Der Unterschied zum Hausbau mit einem Bauträger liegt allerdings nicht unbedingt in den Kosten, denn die Bauträger preisen diese Leistung ein. Aufgabe des Architekten ist es, ein individuelles Haus zu planen, das auf Bauherren und Ort zugeschnitten ist. Eine größere Bandbreite ist möglich, die mit einem höheren Planungsaufwand einhergeht. Es gibt sehr gute Bauträger und sehr gute Architekten und wie immer im Leben, muss man seinen Partner sehr genau wählen. In ARCHITURA diskutieren die renommierten Hamburger Architektinnen Laura Jahnke, Alexandra Bub und Inga Schminck die Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten, sein Traumhaus zu schaffen.

Geschätzte 80 bis 90 Prozent der Einfamilienhäuser werden über Bauträger gebaut, 3 bis 5 Prozent von freien Architekten. Worin liegt hier der Unterschied? Und – wer baut denn überhaupt?

Jahnke: Einfamilienhäuser werden von Kunden aus der gehobenen Mittelschicht gebaut. Alleine schon um das eine Haus herumgehen zu können kostet, da Baugrund heutzutage extrem teuer und somit bereits der erste limitierende Faktor ist.

Die meisten Bauherren sind nicht geschult im Bereich Architektur und Raum und wenden sich daher an Bauträger, die ihnen erprobte Standards für Grundrisse, Gestalt und Ausstattung anbieten. Es gibt den großen Wunsch nach Sicherheit, nach Klarheit im Angebot, nach Transparenz. Jeder kennt die Bestellung aus einem Hochglanzkatalog – das ist wie bei einem Autokauf. Das macht Mut. Der Prozess ist mehr als legitim, denn es gibt durchaus gute Bauträger mit vernünftigen Standards, guter Durchführung und angemessenen Preisen.

Unsere Bauherren hingegen sind Menschen, die einen besonderen Traum von Wohnen und Heimat haben. Es gibt meist einen hohen Anspruch an Gestalt, Materialität, Integration in das örtliche Stadtbild… Diese Personen suchen einen Architekten als Partner.

Schminck: Die Projekte, die wir von Anfang bis Ende planen und umsetzen, sind extrem aufwändig. Bei uns liegen die Privathäuser bei einer Größe von 400qm aufwärts. Diese Wohngröße erhält man eher selten auf dem Markt der Fertighäuser. Menschen, die sich ­solchen Lebensstandard leisten wollen, suchen daher meist Architekten auf, die ihnen den Wohntraum ­maßanfertigen.  Für mich ist das Haus eine individuelle Anfertigung für die Personen, die darin leben und für den Ort an dem es steht. Für die Abwicklung eines solchen Projektes benötigen wir bis zu drei Jahre Planungs- und Ausführungszeit. Für mich ist das Haus eine individuelle Anfertigung für die Personen, die darin leben und für den Ort an dem es steht. Für mich ist das Haus eine individuelle Anfertigung für die Personen, die darin leben und für den Ort an dem es steht. Für die Abwicklung eines solchen Projektes benötigen wir bis zu drei Jahre Planungs- und Ausführungszeit. Das hat seinen Preis. 



Es gilt, hunderte von Entscheidungen zu treffen, unzählige Sonderlösungen zu erdenken. Dabei gibt es entschlussfreudige Bauherren und welche, bei denen die Dinge wachsen müssen. Bauherren mit begrenztem Budget können sich zum einen die Größe und die Ausstattung der Gebäude nicht leisten und zum anderen spielt meist die Ausführungszeit eine große Rolle – Thema finanzielle Doppelbelastung. Bauträger sichern Kosten und Fristen zu, Häuser samt Ausstattung können vorab besichtigt werden – all dies macht Fertighäuser für den Endverbraucher attraktiv. Das ist der Grund, warum Bauherren an die Bauträger gehen, die ihre Module und Fertigteile anbieten. Diese Gebäude funktionieren natürlich auch, aber eben ohne den genauen Zuschnitt für den Nutzer.

Haben Sie als Architektinnen den Wunsch, den Markt der Einfamilienhäuser zurückzuerobern?

Bub: Viele Architekten wollen den Markt definitiv nicht zurückerobern und stellen sich dieser Aufgabe nicht mehr. Wir machen das was wir tun mit Leidenschaft – aber nur, wenn ein überdurchschnittliches Ergebnis potentiell möglich ist. Ebenso bietet mein Büro die Planung von Einfamilienhäusern nur in begrenzter Stückzahl an, da ich persönlich nach wie vor Freude an der Bauaufgabe habe und mich der Entwurfsarbeit auch widmen möchte, neben der Planung öffentlicher Gebäude. Ich habe kein Interesse daran, ein 30-Mann-Büro aufzubauen und das Projekt nach dem Erstkontakt mit dem Kunden an die Mitarbeiter komplett abzugeben. Ich denke, da kann ich für uns alle drei sprechen. Ich suche meine Bauherren und meine Projekte sehr genau aus.

Jahnke: Zurückerobern? Nein. Ein Gesamtkunstwerk zu schaffen ist doch das, was faszinierend ist. Und wir begreifen es heute noch so, trotz aller Regeln, Protokolle, Absicherungen und Verträge.

Das Bauträgergeschäft hat sich gewandelt. Es werden hochwertige Standards definiert. Aber Architekten entwerfen komplexer und vor allem individueller.

Jahnke: Es gibt Bauträgerprojekte mit guten, hochwertigen Standards. In der Regel gibt es aber auf diesem Markt wenig Spielraum für individuelle Gestaltung und bauliche Besonderheiten. Ein Bauträger muss auch sein Geld verdienen – die Sonderlösung passt nicht in das wirtschaftliche Modell.

Bub: Hochwertige Bauträger-Häuser sind nicht unbedingt günstiger als die Bauten, die wir planen. Aber eben 08/15. Das erkennt man in der Regel auf den ersten Blick. Auch von hochwertigen Anbietern weiß ich, dass die Einflussnahme der Bauherren sehr eingeschränkt ist und spätere Änderungen nicht mehr möglich sind. Das finde ich problematisch, denn der Bauherr muss als Laie erst einmal in den Prozess hineinfinden. Die Zusammenarbeit mit einem Architekten gestaltet sich dahingehend flexibler. Die große Kunst des Architekten ist allerdings, den Bauherren durch den kreativen Prozess sicher zu führen, so dass am Ende nicht die Summe von umgesetzten Bauherrenwünschen realisiert wird, sondern ein schlüssiges Gesamtwerk entsteht, in welchem sich Architekt und Bauherr wiederfinden.

Im Bauträgergeschäft gibt es leider auch viele schwarze Schafe. Wenn sich Bauherren für einen Bauträger entscheiden, kann ich nur dringend empfehlen, sich vorab genau zu informieren und auch die Bauträgerverträge vorab gründlich von einem Fachmann gegenprüfen zu lassen. Im schlimmsten Fall kaufen Bauherren ein Haus, welches auf ihrem Grundstück gar nicht genehmigungsfähig ist.

Jahnke: Der Prozess, den wir mit dem Bauherren aufstellen, geht bestimmt oder nur sehr eingeschränkt mit einem Bauträger. Um ein Haus zu entwerfen, wird gemeinsam für eine bestimmte Situation eine optimale Lösung gefunden. Für den Bauherrn ist das unglaublich wichtig. Wir arbeiten sehr intensiv in der Vorentwurfsphase zusammen. Der erste Schritt kommt immer vom Bauherrn: Bevor ich also den ersten Strich mache, habe ich 200 Referenzbilder von ihm gesehen, kenne seine Lebensgewohnheiten und seine räumlichen Vorlieben. Unsere Bauherren erhalten die Chance zu lernen und sich in das Gebäude hinein zu entwickeln. Und die große Chance ist doch zu wachsen, wenn man lernt. Wenn jemand nicht der Typ dafür ist und die Sicherheit braucht, ist er im Grunde genommen wie gemacht für das Bauträgerprojekt.

Bub: Man kann den Vergleich zur „Mode von der Stange” mit dem „Gang zum Schneider” ziehen. Einen Architekten zu beauftragen ist ein bisschen so, als würde man zum Schneider gehen. Es braucht viel Vertrauen vom Bauherrn zum Architekten. Bauherren müssen im Vorfeld mitteilen können, was ihnen wichtig ist und sich dann im Dialog mit dem Architekten führen lassen. Von daher: Wenn ich als Bauherr durch eine Fertighaussiedlung gehe, etwas anfassen und sehen kann, ist das zweifelsohne ein Vorteil. Aber das Ergebnis ist eben standardisiert und eben nicht auf den Bauherren und den individuellen Ort zugeschnitten, worauf wir großen Wert legen.

Schminck: Ich finde, es kann für uns interessant sein, mit einem Bauträger zu kooperieren. Aber dann muss ein klares Auftragsverhältnis da sein, indem die Schnittstellenarbeit geregelt wird. Und es braucht zusätzliche künstlerische Oberbauleitung.

Jahnke: Ich mache hin und wieder auch gerne „das normale Haus“ und das funktioniert gut in Kombination mit einem Bauträger. Ich stecke gerade in so einem Prozess. Hier habe ich für eine Familie die Leistungsphasen 1 bis 4 komplett gemacht und übergebe mit intensiver Betreuung das Projekt an einen Bauträger. Das geht nur mit einem guten Bauträger, der gestalterisch denken und handeln kann. Die Projektkosten sind übrigens nicht niedriger, als wenn wir das Haus mit unserem Handwerkerstamm bis zum Ende begleiten! Wir haben uns für diese besondere Konstellation entschieden, denn der Bauherr wünschte sich keine Einzelvergabe.

Bei dem Budget, welches benötigt wird, um mit Ihnen zu bauen, handelt es sich schon um erfolgreiche Personen in verantwortungsvollen Positionen. Wie lassen sie sich führen?

Bub: Die besten Erfahrungen habe ich mit Bauherren gemacht, die gewohnt sind mit Profis zusammenzuarbeiten, sich gut in neue Zusammenhänge hineindenken können und entscheidungsfreudig sind. Diese Bauherren haben sich den Architekten im Vorfeld genau ausgesucht – das betrifft den architektonischen Stil wie auch die Persönlichkeit, die der Architekt verkörpert. Selbstverständlich sind professionelle Entscheidungsvorlagen durch den Architekten in allen Leistungsphasen die Basis, damit sich der Bauherr gut beraten fühlt und Entscheidungen auch souverän fällen kann.

Schminck: Es gibt doch immer solche und solche Menschentypen. Ich möchte da nicht pauschalieren. Erfolgreiche Menschen schätzen die Professionalität mit der ein Job erledigt wird. Entsprechend gilt es immer bestens vorbereitet und informiert zu sein. Wirtschaftlich erfolgreiche Bauherren planen ihre Ausgaben sehr bedacht und kontrolliert. Entscheidungen werden durchdacht und hinterfragt, Ergebnisse verhandelt – oft auch mehrfach, um den besten Preis zu erzielen. Dies ist oft sehr zeitintensiv.

Welchen Zugang hat man denn zu seinen Bauherren?

Schminck: Die Zusammenarbeit mit den Bauherren ist eine sehr intime und diskrete Angelegenheit. Wir erfahren viel Privates über die einzelnen Persönlichkeiten und deren Gewohnheiten – dies setzt ein gegenseitiges Vertrauen voraus. Privates Bauen ist für viele Menschen ein einmaliges Vorhaben, Entscheidungen haben Konsequenzen optischer und finanzieller Natur und sind nicht leicht zu revidieren. Die Angst vor Fehlentscheidungen gilt es zu nehmen und dem Bauherrn eine Sicherheit zu geben – auch dafür sind wir da.

Sie sind individuelle Planerinnen. Wie würden sie Ihre Arbeitsweise beschreiben?

Bub: Ziel ist für mich stets, für den individuellen Bauherren an dem konkreten Ort mit seinem regionalen Kontext ein schlüssiges Ganzes zu erarbeiten. Der Entwurfsprozess pendelt zwischen dem Erspüren eines gewünschten Ausdruckes für das Projekt an dem Ort und dem Erarbeiten und Bewerten funktionaler Studien mit verschiedenen Varianten.

Jahnke: Die Basis meiner Entwürfe ist der Lebensstil meiner Bauherren und das örtliche Umfeld des Hauses. Daraus entwickle ich Gestalt, Grundriss aber auch Habitus und Stimmung des Hauses. Mein Bauherr muss wirklich bereit sein, sich auf einen besonderen Weg zu begeben. Das ist anstrengend.

Ich mag es, wenn jedes Haus von mir komplett unterschiedlich ist und eine eigene Sprache spricht. Eben die des Bauherrn. Ich habe auch Bekannte die sagen, das mit den Bauträgern war toll – so entspannt. Sie gingen hin, zwei Gespräche, machten ihre Kreuzchen und freuten sich, als alles in neun Monaten fertig war. Für sie bin ich nicht die Richtige. Für mich gehört eine ganz große Wertschätzung von Arbeit dazu. Die Wertschätzung einer Idee.

Bub: Und diese Leistung, diesen Mehrwert, muss der Bauherr auch bezahlen können.

Jahnke: Klar. Wertschätzung hat immer auch etwas Wirtschaftliches.

Schminck: Bei uns wird vieles sonderangefertigt. Wir entwickeln neue Details, die es nicht von der Stange gibt – Unikate. Qualität hat seinen Preis.

Sagen wir, der Bauherr möchte günstiger bauen, obwohl er Sie zu Rate zieht. Wie würde das aussehen?

Schminck: Wir würden einen einfachen, klaren Grundriss mit optimaler Wohnfläche auf den Bauherren abstimmen, ohne viele Extras. Das meiste Geld wird mit der genau richtigen Fläche und dem genau richtigen Grundriss gespart. Durch einen sehr reduzierten Entwurf könnten wir kostengünstiger bauen. Es muss nur intelligent geplant werden. Leider mögen viele Bauherren diese Klarheit und Einfachheit im Entwurf nicht so gerne. Oft soll es dann doch etwas heimeliger werden. Es sind Lebensträume, die dahinterstehen. Die Leute holen ihre Bilder/Ideen von Pinterest und Houzz, haben eine genaue Vorstellung und wollen meist zu viel im kleinen Rahmen. Reduktion fällt oft schwer.

Bub: Die zwei günstigsten Häuser, die ich bisher geplant und realisiert habe, sind meine eigenen. Ich habe gezielt die Schwerpunkte gesetzt und an vertretbarer Stelle Kompromisse gemacht. Meine Kunden empfinden diese Projekte als großzügig, hochwertig und ansprechend und möchten ähnlich bauen. Wenn es aber um ihr eigenes Haus geht, hört die Kompromissbereitschaft auf. Die Bauherren werden selbst zum Kostentreiber. Das beginnt unter anderem mit der Anzahl an Badezimmern und WCs, der Größe der Küche, Menge an Stauraum, Unterkellerung, technische Ausstattung und vielem mehr. Bauherren, die individuelle Architektur mit großzügiger und anspruchsvoller Ausstrahlung für ein begrenztes Budget wünschen, müssen auch Kompromissbereitschaft mitbringen. Ich schlage in dem Falle deswegen häufig vor, zunächst nur die ersten zwei Leistungsphasen zu beauftragen. Nur wenn ich die Bauherren mit dem Vorentwurf überzeugen kann, arbeiten wir den Entwurf im nächsten Schritt genauer aus. Sehr gute Architektur für den kleinen Geldbeutel ist möglich, wenn der Bauherr bereit ist Prioritäten zu setzen.

Schminck: Oh, ja. Entwurfsarbeit wird schnell eine große Wunschgeschichte: Ich (der Bauherr) mache das hier nur einmal, daher muss es jetzt top sein.

Individuell bauen heißt, sich mehr einlassen, mehr nachdenken. Vielleicht wollen das viele Bauherren gar nicht?

Jahnke: Nun, das mag stimmen. So ist das aber in allen Lebensbereichen. Ich persönlich finde Denken immer wichtig und gut, auch wenn es anstrengt. Wichtiger als Individualität ist aber Anstand. Denn die Summe aller Häuser macht eine Stadt. Und die soll lebenswert bleiben. Angemessenheit und Werthaltigkeit eines Baukörpers sind elementar für ein Stadtbild. Diesen Anstand schulden alle Planer ihrer Stadt. DIESES Thema darf nicht nur eines der freien Architekten sein, es ist auch eine dringende Aufgabe eines Bauträgers. Es gibt so eine Verrohung, die aus der wirtschaftlichen Komponente kommt, wo der Wert eines Hauses als Stadtbaustein gar nicht übergeordnet gesehen wird. Nachhaltigkeit hat auch etwas mit Ästhetik zu tun und die wiederum mit Anstand und Vernunft. Generell habe ich kein Problem damit, dass viele Bauträger arbeiten. Ich habe ein Problem, wenn sie nicht verantwortungsbewusst arbeiten.

Bub: Bedauerlicherweise fühlen sich Bauträger häufig nicht der Baukultur und dem Ort verpflichtet, sondern ausschließlich der Gewinnmarge. Im Gegensatz zu den Architekten sind Bauträger häufig nicht einmal im Hinblick auf Baukultur geschult.

Sie schauen sich das Zusammenspiel von Bauherren, Aufgabe und Adresse vor Planungsbeginn ganz genau an? Was, wenn die Zusammenarbeit nicht funktioniert?

Bub: Es besteht die Möglichkeit, zunächst nur die Grundlagenermittlung und den Vorentwurf zu beauftragen. In dieser ersten Phase erarbeite ich eine grundlegende Idee und Bauherr und Architekt lernen sich kennen. Es besteht für beide Parteien die Möglichkeit, sich danach zu trennen. Ein Planungsprozess darf nicht zur Zwangsehe werden.

Gibt es einen Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Architektur?

Jahnke: Diese Frage habe ich wirklich schon oft gehört. Erst mal ist es ganz normal, dass Frauen den gleichen Job ausüben wie Männer. Dennoch, es gibt eine Art von ‚größer, schneller, mehr‘, die eher männlich ist. Ich sage nicht, dass ich nicht auch mal die Relevanz meiner Tätigkeit hinterfrage. Und die geht immer auch über Größe. Nicht nur nach Honorarvolumen, sondern auch über die städtebauliche Relevanz. Ganzheitliches Denken und Achtsamkeit sind eher weibliche Attribute. Genaues Hinschauen, die Verantwortung für ein Projekt komplett übernehmen, alles fertig zu machen und nicht sofort auf das Nächstgrößere zu schauen. Das halte ich für tolle, weibliche Qualitäten. Mir geht es darum, Verantwortung zu übernehmen. Wenn ich mich um ein Projekt kümmere, dann bis zum bitteren Ende. Natürlich gibt es auch Männer, die das ganz toll machen. Am Werk selber erkennt man es jedenfalls nicht.

Bub: Ich fühle mich in hohem Maße der Aufgabe und den Bauherren gegenüber verpflichtet. Ob das besonders weiblich ist, mag ich aber nicht beurteilen.

Schminck: Abbrechen gibt es eigentlich nicht. Leidenschaft kommt noch dazu. Frauen können natürlich auch männliche Architektur machen. Wir können sehr maskulin und sehr feminin bauen.

Der Unterschied liegt also eher an der Herangehensweise. Was suchen, erwarten und bekommen Bauherren, wenn sie nach Laura Jahnke, Alexandra Bub und Inga Schminck fragen.

Schminck: Ich arbeite gerne mit alter Bausubstanz. Die Bauherren kommen zu uns, weil wir in diesen Bereichen sehr viel Erfahrung haben, die Dinge mit viel Leidenschaft ausführen und sehr hochklassig arbeiten. Sie kommen über Empfehlung oder haben irgendwo etwas von uns gesehen. Aufgrund der Diskretion ist veröffentlichen von unseren Projekten eher schwierig. Wir arbeiten mit großer Intensität und bieten höchste Qualität in der Ausführung, auch im Umgang mit Handwerkern und Künstlern. Wir gehen auf die ganz traditionellen Gewerke zu, alte Handwerkskunst, die es eigentlich im klassischen Hausbau nicht mehr gibt. Natürlich ist der Preis für diese Handwerker höher, aber ich kann mich darauf verlassen, dass sie das Werk und unsere Ideen auf höchstem Niveau umsetzen können. Unser Klientel weiß, dass wir ein Riesenrepertoire haben und das bedienen können.

Bub: Meine Architektur ist von einem inneren Wunsch nach Erdung und gleichermaßen Offenheit geleitet. Sie hat eine gewisse Selbstverständlichkeit. Für mich geht es darum einen guten Ort zu schaffen, der eine besondere Ausstrahlung hat und ein Gefühl von Ruhe, Angemessenheit und Zeitlosigkeit vermittelt. Und den Blick auf bestimmte Dinge lenkt. Ob es der Blick in die Landschaft ist, auf ein Material, ein Detail oder auf das Licht. Ein Ort, der zum Verweilen einlädt. Eine Angemessenheit kombiniert mit Großzügigkeit und Klarheit. Schon in meiner Kindheit und Jugend gab es bestimmte Orte, zu denen ich mich besonders hingezogen fühlte. Solche Orte möchte ich als Architektin gestalten, aus diesem Ansatz entwickle ich meine Projekte. Ich plane keinen vordergründigen Protz. Meine Architektursprache ist Understatement, die Großzügigkeit wohnt der klaren Haltung und der sauber ausgearbeiteten Lösung inne.

Jahnke: Meine Häuser sprechen alle unterschiedliche Sprachen, haben verschiedene Ausdrücke und sind absolut individuell. Ich entwerfe ein Privathaus als ruppige Werkstatt, klassischen Palazzo, karges Kloster, modernen Pavillon, hölzerne Scheune, industriellen Loft … Jedes Haus ist komplett anders, wie eben auch meine Bauherren unterschiedlich sind. Ich habe eine wahnsinnige Freude daran abzulesen, wo der Bauherr mehr er selbst ist, als er jemals selber vermutet hat. Und ich versuche Dogmen abzuschütteln: Alles, was gestalterisch gut ist, hat für mich eine absolute Berechtigung. Ich möchte mich jedes Mal in eine komplett neue Typologie eindenken. Und am Ende sind all meine Häuser pur und stringent entworfen. Es gibt Ruhe, Klarheit, und eine sehr gute Grundriss- und Gesamtorganisation.

Schminck: Jedes Haus ist jedes Mal neu und anders, alles maßgeschneidert, alles besonders. Das ist das, was uns verbindet. 

FOTOS Burkhard Dohm