Paul Ketz macht spaß

Er schafft Dinge, die über die Prädikate ‚praktisch‘ oder ‚hilfreich‘ hinausgehen. So entwirft Paul Ketz mit einem ausgeprägten Spieltrieb Objekte für den Alltag, die dem Kölner seit seinem ersten internationalen Auftritt 2016 die Tür zur Designwelt öffneten.

Bereits in seiner Kindheit wollte er Erfinder werden. Heute ist Paul Ketz mehrfach ausgezeichnet und erfährt internationale Anerkennung. Denn Paul Ketz-Design ist die Verschmelzung der Energien aus Entdeckergeist und Virtuosität – experimentell und verspielt zugleich. „Ich interessiere mich für das Erschaffen von Dingen, entwerfe Objekte mit emotionalem Wert und biete Spielgefährten anstelle von bloßen Helfern.“

Nach seiner Teenagerzeit auf dem Land, zog es ihn in die Domstadt, wo er Design studierte. Anschließend machte er 2014 die Bosporusmetropole Istanbul für einige Jahre zu seinem Lebensmittelpunkt. Hier lernte der Produktdesigner die lokalen Handwerksbetriebe und Fertigungstechniken intensiv kennen. Außerdem seine heutige Frau.In seinem Studio in Köln produziert Paul Ketz mit einem kleinen Team Möbel und Objekte, vor allem für US-Amerikanische Kunden. Den Entwürfen und selbst entwickelten Produktionstechniken gehen oft glückliche Zufälle oder kleinere Unfälle voraus, die Paul Ketz genauestens studiert und kultiviert. Bis er ein Rezept entwickelt hat, das zu einem Möbel führt, wie etwa sein ikonischer ‚Marshmallow-Hocker‘.
„Dieses Projekt begann in Istanbul, wo ich erste Versuche und Prototypen anfertigte. Die Form und Machart ist inspiriert von ­Kuchenteig, der in der Form backt und aufquillt.“

Denn für die Herstellung der weichen Polstersitze wird keine Form verwendet. Der Schaum ‚wächst‘ sozusagen von unten durch die Struktur des Hockergestells und erhält so seine Form. Beeinflusst durch äußere Umstände wie beispielsweise das Wetter, variiert das Ergebnis leicht und macht den Hocker daher einzigartig. So ist jedes Stück ein Unikat.

Woher schöpft der Designkünstler seine Inspiration? „Reichhaltige Quellen sind sowohl blutige Anfänger als auch Virtuosen – von beiden kann man viel lernen. Inspiration selbst kommt für mich aus allem und jedem: Von dem sowohl scheinbar dummen Fehler, als auch von der Stille.

„NUR WAS POSITIVE ENERGIE INNEHAT, KANN ÜBERZEUGEN!“ PAUL KETZ

Ich halte Kreativität ohnehin für etwas Unsoziales. Daher ist es für mich sehr wichtig, mich nicht nur selbst zu stimulieren, sondern auch Raum und Zeit für mich zu haben. Um eine Leere entwickeln und aushalten zu können, die dann wieder gefüllt werden kann.“

Damals fehlte eine flexible Beschichtung, um den Hocker zu einem langlebigen Produkt zu machen. „Wir testeten monatelang viele Materialien und Techniken, bis wir ein geeignetes Material gefunden hatten – doch es schien unmöglich, es anzuwenden. Dann bekam ich eine Anfrage des britischen Modedesigners Paul Smith für die Einrichtung einer Modeboutique. Niemand wusste, dass wir damals längst nicht so weit waren.“ Angetrieben durch diese Chance, baute der Designer eine riesige Maschine, um die Hocker zu rotieren. Nachdem er das Ergebnis mit dem hartnäckigen Material beschichtet hatte – dessen Tropfzeit nur wenige Minuten beträgt – entstand genau das, was er sich vorgestellt hatte. „Ich liebe das Ergebnis! Und das bonbonartige Aussehen des Hockers. Ich habe bei Ausstellungen schon mehrfach erlebt, wie Kinder die Hocker ableckten!“

Bekanntheit über die Rheinschiene hinaus, erlangte Paul Ketz mit seinem ‚Pfandring‘ für den öffentlichen Raum, der angebracht an Mülltonnen mit seiner Recyclingfunktion auch das unwürdige Wühlen im Müll verbannt. „Neben dem sozialen Aspekt ist es einfach sinnvoll, Müll und Wertstoffe zu trennen. Mittlerweile setzen mehr als 150 Städte in Deutschland und Holland den Pfandring ein.“

Sein Objekt ‚Crash Cabinet‘ ist von der hypnotisierenden Schönheit der Zerstörung geprägt: Crash! Bumm! Bang! Mit dem Aufprall von Fahrzeugen und großen Steinen zertrümmert der rasende Paul Ketz das ‚Crash Cabinet‘ zu einem einzigartigen Objekt, das man getrost als Knaller bezeichnen kann. Durch die fröhliche Gewalt verschwimmen die Grenzen zwischen hart und weich, die Textur und Spiegelungen des Stahls wirken textilartig. Das wiesenartige Bodenkissen ‚Spring Carpet‘, entwickelte Paul Ketz gemeinsam mit seiner Frau Dilara Yesilova-Ketz. Es portraitiert das Frühlingserwachen mit seinen ersten Blumen im satten Grün, wobei das Gefühl im Gras zu liegen, auf ein außergewöhnliches Raumerlebnis übertragen wird.

„Ich möchte Dinge schaffen, die nicht nur Lösungen bieten, sondern auch Freude bereiten. Ich halte das für einen untrennbaren Bestandteil von nachhaltiger Gestaltung – nur was positive Energie innehält, kann überzeugen!“

Instagram: paulketzstudio

paulketz.com

pfandring.de


FOTOS Matthias Ketz: Marshmallow Hocker, Crash Schrank und Halo Wanduhr; Viola Schuldner: Portrait; Pimp Top: Sunny Side Up Spiegel; Marcel Kamps: Spring Teppich