hAUS AUS HÄUSERN

Architekten Spiekermann formten auf einem alten Sockel ein modernes Gebäude, das sich progressiv sowohl in die Geschichte als auch in das Stadtbild einwebt. Ganz in weiser Voraussicht auf die Zukunft.

Das Grundstück des alten Gebäudes stößt unmittelbar an das Pflaster des historischen Kirchplatzes. Doch anstatt es abzureißen, entschlossen die Architekten, den Gebäudesockel mit der Unterkellerung zu erhalten und mit neuen Satteldachaufbauten zu versehen. Diese Neuinterpretation bettet sich einfühlsam in die Umgebung ein – sowohl visuell als auch in Würdigung an die Ortsgeschichte. Die an die regionalen, traditionellen landwirtschaftlichen Höfe angelehnten Prinzipien, spiegeln sich auch in den unterschiedlich hohen Ebenen im Inneren des Hauses wieder, ganz so wie sie früher auch in den Tennen und Tierställen zu finden waren.

Drei eigenständig nutzbare Einheiten teilen sich nun die Basis, die in ihrem Konglomerat über dem Sockel leicht vor- oder zurückspringen und an einen traditionellen Dreiseitenhof erinnern. Von außen betrachtet, unterstreicht ein horizontales Fensterband in Blickrichtung Kirchplatz zwischen den Satteldächern die Eigenständigkeit dieser Einheiten.

Im Sockelgeschoss finden sich Küche und Essbereich mit einer Deckenhöhe von rund drei Metern, der Wohnbereich hingegen öffnet sich bis in den Dachgiebel und bieten bis zu sieben Meter Raumhöhe. So ließen sich beispielsweise die Kinderzimmer in die Zwischendecke und das Podest einziehen und so auf drei Ebenen nutzen.

Das Obergeschoss bekam auf der Gebäuderückseite einen Einschnitt, um freien Lichtraum über der Terrasse zum rückwärtigen Garten zu gewinnen. Auch im Inneren setzen sich die Anleihen an landwirtschaftliche Gebäude fort.

Die Baustruktur dieses Gebäudes wurde von Architekten Spiekermann nun so angelegt, dass die Einheiten auch als eigenständige Einzelhäuser genutzt werden können. So kann das Haus auf lange Sicht an die Veränderungen im Leben der Bewohner angepasst werden – und zwar ohne großen Aufwand: Bisherige Schiebetüren können durch feste Trennwände ersetzt, zusätzliche Wände können bei Bedarf eingezogen werden.




wOHNQUALITÄT MIT BLICK IN DIE zUKUNFT

Über Materialität und Farbgebung sind der ursprüngliche Gebäudesockel und die neuen Aufbauten deutlich voneinander getrennt. Für den Sockel wurde ein rötlicher Klinker gewählt, der auf diese Weise einen Bezug auf die unmittelbare bauliche Umgebung und auf die typischen Bauformen im Münsterland herstellt. Die Ziegel sind mit einer Sollbruchstelle versehen, an der jeder einzelne Ziegel an der Baustelle vor dem Einbau gebrochen wurde. Die Steine wurden schließlich unregelmäßig verlegt, wodurch die Fassade durch das Zufällige und Einzigartige eine besonders intensive Anmutung an die Handwerkskunst aus der vorindustriellen Zeit erhält.

Im Gegensatz dazu, sorgen die grauen Paneele des Obergeschosses für den modernen, progressiven Touch. Gemeinsam mit den fast rahmenlosen Fenstern und dem Eichenholzparkett, bilden sie die ­wesentlichen Zutaten des äußerst reduzierten Materialkanons. Die Paneele sind aus einer Mischung aus Holz und Beton gefertigt und eignen sich sowohl für den Innen-, wie auch für den Außenbereich. Beispielsweise im Treppenhaus sind die Paneele von außen bis ins Innere als Wandbelag durchgezogen.

Kernstück des Hauses ist das Treppenhaus, das nicht nach der Maßgabe gestaltet wurde, möglichst wenig Nutzfläche zu verbrauchen – ganz im Gegenteil: Es sollte mit einem Panoramafenster Richtung Kirchplatz so großzügig gestaltet werden, dass es zum Verweilen einlädt, um die Aussicht zu genießen. Und dieser Blick wurde von Architekten Spiekermann gezielt so angelegt, dass er auch jene Stelle erfasst, an der sich einst die Kirche befand, die dem Platz ihren Namen gab.

www.architekten-spiekermann.de


ARCHITEKTEN Spiekermann, Beelen
LAGE Am Kirchplatz in Beelen
FLÄCHE 378 qm
BAUJAHR 2021 Bauunternehmen Bernhard Vögeler, Beelen
GERÜSTBAU Abrams, Warendorf
TIEFBAU Koch, Beelen
STATIKER Wiening Ingenieur-Gemeinschaft, Warendorf
ESTRICH Otto Aman, Beelen
MALER Frank Nordhues, Ennigerloh
ELEKTRO Elektro Beckhoff, Verl
FLIESEN/PLATTEN Andre Bernsmann, Warendorf
PARKETT Parkett Dietrich, Wuppertal-Barmen
STUCK/PUTZ Plaster, Warendorf Metallbau Hubert Blienert, Beelen
HEIZUNG/SANITÄR Heinrich Elkmann, Beelen
SCHREINER Alfons Johannsmann, Harsewinkel
ZIMMEREI Mense Holzbau, Oelde-Lette
FENSTER/FASSADE Schüco International, Rheine
GARTENGESTALTUNG Kampelmann, Warendorf

FOTOS Frank Vinken