Grünes aussichtsreich
Wer braucht schon einen gestalteten Garten, wenn das Grundstück direkt an ein Landschaftsschutzgebiet grenzt? Gartengestalter Reinhard Wahlers brachte moderne Architektur und norddeutsche Landschaft harmonisch zusammen
Die Geschichte dieses Gartens beginnt mit einem anderen, den die Besitzer passierten, als er gerade im Bau war. Diese üppige Kombination von Stauden und Gräsern gefiel den Bauherren so gut, dass sie sich den Namen des Gartengestalters notierten: Reinhard Wahlers aus Scheeßel, Mitglied der Gärtner von Eden, spezialisiert auf Planung, Anlage und Pflege individueller privater Gärten. Sie kontaktierten ihn und betrauten ihn mit der Aufgabe, ihnen genauso einen herrlichen Garten rund um ihr neugebautes Haus zu errichten, wie sie ihn gesehen haben.
„Natürlich haben wir den Bauherren eine individuelle Gartenplanung erstellt, passgenau zugeschnitten auf ihre Bedürfnisse und ihr Grundstück, das direkt neben einem Landschaftsschutzgebiet liegt“, erklärt Reinhard Wahlers.
In seiner Planung spielt Wahlers mit der Weite der Landschaft und der Größe des Grundstücks. Bereits von Anfang an stand fest, dass nur der Bereich in unmittelbarer Nähe des Hauses intensiv gestaltet werden sollte: Sowohl passend zur modern-geradlinigen Architektur des Hauses, als auch als fließender Übergang zum Rest des 1.800 Quadratmeter großen Grundstücks, das vor allem aus Wiese besteht. Damit die große Wiesenfläche nicht langweilig wirkt, entstanden auf halber Strecke zwischen Haus und Grundstücksende auf beiden Seiten sichelförmige Pflanzflächen, in denen hauptsächlich Gräser für den naturnahen Eindruck sorgen. Vom Haus aus betrachtet, wirken sie ungemein tief und gleichzeitig ganz natürlich, ja fast zufällig entstanden.
Die rückwärtige Fassade des Hauses ist fast quadratisch und so erhielt die Hauptterrasse passend zur geometrischen Schlichtheit ähnliche Dimensionen. Rund um das Gebäude entstand ein breiter Weg, der Haus und Terrasse voneinander trennt. Dies führt dazu, dass die Terrasse aus der Ferne betrachtet, größer scheint als sie ist. Gleichzeitig sorgte der Gartengestalter für eine intensive optische Anbindung der Terrasse und des Grundstücks ans Haus: „Die Bepflanzung der Terrasseneinfassung haben wir so konzipiert, dass eine Sichtachse entstanden ist, die vom Wohnzimmer bis zur hinteren Grundstücksgrenze reicht“, erklärt Reinhard Wahlers. „Die Beete rund um die Terrasse sind auf Symmetrie ausgerichtet, ganz wie die Fassade selbst.“
Sinn und sinnlichkeit
In ansprechendem Gegensatz zu diesem ganz auf gerade Linien, rechte Winkel und Gleichartigkeit setzenden Konzept steht die Pflanzenauswahl rund um den Hauptsitzplatz: Hier dominieren Gräser in unterschiedlichen Varianten mit ihren wild in alle Richtungen wuchernden Schöpfen, die so ungeordnet und doch so klar wirken. Dazu Lavendel und die eine oder andere Buchskugel – und fertig ist der passende grüne Rahmen.
Dank der behutsamen Einfassung fühlt man sich auf dem unmittelbar an die große Wiese grenzenden Sitzplatz immer bestens behütet. Und in den Abendstunden sorgt eine warme, indirekte Beleuchtung für das Zuhause-Gefühl.
Aufgrund von Abwechslung, Perspektivwechsel und unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten tut jedem Garten ein Sitzplatz gut. Auch für den weiteren Verweilort dieses Gartens blieb die Gartengestaltung ihrer Grundidee treu: Intensiv gestaltete Bereiche finden sich in unmittelbarer Umgebung des Hauses. Bei diesen Überlegungen zahlte sich aus, dass die Bauherrin selbst Architektin ist und das Haus sehr durchdacht geplant hatte. So gibt es an der Seite des Hauses einen weiteren Grundstückszugang von der Küche aus – und zwar genau in den Teil des Gartens, in den die Morgensonne scheint, et voilà – der perfekte Ort für eine Frühstücksterrasse.
Wegen der Grundstücksgröße ist der Streifen neben dem Haus vergleichswese breit, so dass hier eine Terasse und ansehnliche Pflanzbeete Platz fanden. Genau an der Grundstücksgrenze steht ein altes Backsteingebäude der Nachbarn. Die Giebelwand mit reichlich Patina wurde gereinigt und konnte in das Konzept der Frühstücksterrasse miteinbezogen werden. Sie verleiht den seitlichen Halt und trägt maßgeblich zum heimeligen Charakter bei. Die Bepflanzung mit Gräsern wurde durch Hortensien der Sorte ’Annabell‘ mit ihren wuchtigen grünlichweißen Blütendolden ergänzt und passt bei aller Modernität perfekt zu diesem Stückchen historische Architektur.
GRÖSSE ca. 1.800 qm (inkl. Vorgarten)
PLANUNG Wahlers Gärtner von Eden, Scheeßel
FOTOS Constantin Meyer