Erlebbares Denkmal
Die Ülepooz
Eines der bedeutendsten historischen Bauwerke der Stadtgeschichte wurde aufwendig modernisiert und erweitert. Verantwortlich für die wundersame Verwandlung: Der Rote Funk Ulrich Schlüter.
Erstmals fand die Ulrepforte im Jahr 1245 als Teilstück der mittelalterlichen Stadtmauer Erwähnung und durchlief innerhalb ihrer knapp 800-jährigen Geschichte verschiedenste Änderungen. Heute umfasst sie neben
dem eigentlichen Stadttor noch Mühlenturm und Kaponniere. Seit 1955 ist die Ülepooz Domizil des Traditionskorps Kölsche Funken rut-wieß von 1823. 2022 wurden die Baumaßnahmen fertiggestellt – nach elfjähriger
Planungs- und Bauzeit. Architekt Ulrich Schlüter ließ das Baudenkmal nicht nur entrümpeln und mit aktuellen Brandschutzauflagen modernisieren, sondern erweiterte es zusätzlich um einen Funktionsbau. Doch,
wie kam die Ülepooz zu ihrem Namen? „Euler“ ist der historische Sammelname aller Handwerker, die Tongefäße herstellten und hier, in der damals unbewohnten Gegend, ihr Handwerk ausübten. Der Kölner machte
„Üler“ daraus und hängte die Pooz (das Tor) hintan – so entstand die Ülepooz.
Im Jahr der Jahrtausendwende wird Architekt Ulrich Schlüter Roter Funk. Elf Jahre später bewirbt er sich in der ältesten gemeinnützigen Brauchtums- und Traditionsgesellschaft Kölns als Mitglied des Vorstandes
und wurde zum Burgvogt berufen. „Der Verwalter der Burg“ hatte sich in seinem Ehrenamt um die Organisation und Finanzierung des Neubaus an der Ulrepforte zu kümmern – der Bauantrag lag seit geraumer Zeit
bei der Stadt Köln.
Er holte seinen Schwager Eckard Lohmann an Bord, der bereits erfolgreich Finanzierungen für Baudenkmäler organisiert hatte, und entwickelte mit ihm das Fördermittelkonzept des Funken-Domizils. Dabei stellten sie
fest: Der beim Amt liegende Bauantrag konnte gar nicht genehmigt werden. Und so kam es, dass Schlüter und Lohmann nun vor einem weißen Papier saßen. Zwar hatten sie das Fördermittelkonzept in der Tasche, doch für
einen Neubau gibt es kaum Förderung – und das eigentliche Juwel war ja auch das historische Baudenkmal selbst. So schufen sie einen neuen Plan: Die sorgfältige Instandsetzung und Restaurierung der wertvollen Bauteile mit
Errichtung eines Entlastungsbaus, der alle dienenden Funktionen beinhaltet. Zu diesem Zweck erhielten die Roten Funken 2,6 Millionen Euro Fördermittel, 1,5 Millionen Euro brachten die Vereinsmitglieder
selbst auf. Schlüter und Lohmann entwickelten zum Erwerb kleine, mittlere und große Spenderplatten, die heute im Lichthof des Ensembles zu finden sind, namentlich verewigt mit den Spendern. Als die neue Planung
und Finanzierung endlich zum Abschluss gekommen war und die Baugenehmigung vorlag, entstand während der Jahreshauptversammlung der Roten Funken ein Moment, der das Herz des Burgvogt kurzfristig höherschlagen ließ:
Der Schatzmeister berief eine Mitgliederabstimmung ein. Am Ende muss Schlüter in den Jahren sehr gute Vorarbeit geleistet haben, denn bei der Abstimmung gab es nicht eine Enthaltung. 11 Jahre – wie sollte es auch
anders sein – sollte es nun von der zweiten Planungsphase bis zur Fertigstellung dauern.
„wir haben das Baudenkmal herausgeputzt, sichtbar und erlebbar gemacht. Nun kann man das Objekt besser verstehen und begreifen“
Architekt Ulrich Schlüter
11 Jahre – wie sollte es auch anders sein – sollte es nun von der zweiten Planungsphase bis zur Fertigstellung dauern. Und
weil die Höhe der Fördermittel nicht unerheblich war, entschied der Traditionskorps, seinen Stammsitz der Öffentlichkeit auf vielfältige Art und Weise zugänglich zu machen. „Wir haben das Baudenkmal herausgeputzt,
sichtbar und erlebbar gemacht“, so Architekt Ulrich Schlüter, „nun kann man das Objekt besser verstehen und begreifen“ und Führungen mit bis zu 25 Personen veranstalten, Partys mit bis zu 150 Personen feiern
– und sogar standesamtlich heiraten.
Architekt Schlüter ließ bei dem historischen Baudenkmal alle störenden Elemente, Toiletten und Hausanschlüsse entfernen. Er verbesserte Flucht und Rettungswege, ließ rollstuhlgerechte Aufzüge einbauen und arbeitete
die mitunter gewölbeartigen altehrwürdigen Räumlichkeiten sorgfältig heraus: Der untere
Versammlungsraum im alten Wehrgraben beispielsweise war zugeschüttet. Schlüter ließ ihn freilegen, schaffte Lichtöffnungen und erweckte ihn so aus seinem Dornröschenschlaf. Die untere Wachstube stellte sich als
Keller dar und wurde an den Lichthof angeschossen.
Nun, mit Tageslicht versehen, avancierte er zum Hauptraum des gesamten Ensembles, indem 130 Personen an Tischen und Stühlen Platz nehmen können. Die großen Schießschächte der Kaponniere wurden aufgebrochen, die Öffnungen
erhellen das Innere und ein neuer Raum entstand. „Den historischen Bau haben wir nicht so sehr verändert, nur eine Wand für die Brücke durchstoßen. Wir haben das Baudenkmal einfach klarer gemacht und es geschafft,
mit dem Neubau den historischen Teil nur wenig zu stören.“
Die Funktionsräume finden sich nun im neuen Entlastungsbau, der sich zu weiten Teilen unterhalb des Straßenniveaus erstreckt und harmonisch in die äußeren räumlichen Grenzen einfügt: Vorne Sachsenring, hinten
Kartäuserwall, rechts Nachbargebäude, links Baudenkmal. Oberhalb der Erdgleiche wurde der lichte Bau durch einen gläsernen Verbindungsgang an das Baudenkmal angeschlossen. Unter dieser Brücke findet sich das Foyer
der Roten Funken, das mit einer Rundung versehen ist. Sie bildet die neue Basis des alten Turms, da sein Fundament nicht bis zur Ebene des Wehrschachtes reichte. Nach der Treppe aus dem historischen Bau, öffnet
sich das große einladende Funken-Foyer. Die lichte Halle wurde auf fünf Stützen und zwei Aufzugskernen erstellt und mit Trockenbauwänden unterteilt. Obwohl die Erweiterung unterhalb des Straßenniveaus auf dem
historischen Wehrgraben liegt, ist es im Inneren fast taghell. Sämtliche Flächen des Entlastungsbaus wurden mit maximaler gläserner Öffnungsmöglichkeit versehen und gemeinsam mit der reflektierenden Mauerwand
der Kaponniere liefert der Lichthof die nötige Helligkeit. Der neue Entlastungbau wurde mit Strom, Wasser, Belüftung mit Wärmetauscher, Telekommunikation, Fernwärme neu erschlossen. Durch die gesamte Haustechnik
wird nun das Baudenkmal rückwärts erschlossen und versorgt. Energetisch ist das historische Bauwerk samt Anbau nun auf dem neuesten Stand der Technik. „Für mich ist es das Schönste zu sehen, dass der Umbau
funktioniert. Die Menschen fühlen sich wohl und können den Bau nun verstehen. Und die Roten Funken sind stolz! Dann hat man wohl nicht viel verkehrt gemacht!“
ARCHITEKT architekturbüro schlüter, Köln
LAGE
Köln
PLANUNGS-/BAUZEIT 2011 – 2022
ABBRUCHARBEITEN
Porschen, Köln
AUFZUG SCHMITT+SOHN, Frechen
BLITZSCHUTZ-/ERDUNGSARBEITEN
Ittner Blitzschutz, Köln
DACHDECKER Marco Schneefeld Bedachung, Köln
ELEKTROINSTALLATION
Elektro Maier, Köln
FEUERSCHUTZ Roche, Köln
FERNWÄRME/HEIZUNGS-/SANITÄRINSTALLATION
Walter Hüsch Heizung und Sanitärges., Köln
FENSTER/TÜREN Glas Rose, Köln
MALER
Heidecke Malerwerkstätten, Köln
OBJEKTEINRICHTER Feil, Siegsdorf | ETS-FLOHR, Pulheim
PFLASTERARBEITEN
Sascha Bunsen Asphaltbau, Köln
RESTAURATION Restauratoren Kartäuserhof, Köln
ROHBAU
Lüdenbach Hoch- und Tiefbau, Remagen
TROCKENBAU Akustikbau Breitzter, Hümmel-Heistert
STAHL-/METALLBAU
van Broek, Köln
SCHLOSSER Richy‘s Stahldesign, Rodder
LÜFTUNGSANLAGEN
Gerwing Söhne, Bonn | Swegon, Düsseldorf
DIGITALES AUFMASS Netzwerk Fassade, Köln
FOTOS Vera Drewke, mauricecoxfotografie