wachsende werte

Wir stehen im Quartier. Vor uns der Traum von einer mehrtriebigen Robinie. Die Kundschaft ist begeistert: „Genau diese soll es sein! Was kostet sie denn?“ Der Katalog verrät uns einen fünfstelligen Betrag. In Euro. Fünf Minuten später stehen wir im Quartier mit den Jungbäumen aus der niedrigen dreistelligen Preiskategorie. Diese Anekdote zeigt: Bei Gehölzen haben wir es mit einem ganz besonderen ‚Material‘ zu tun. Der Faktor Zeit spielt eine zentrale Rolle. Und zwar entgegen der üblichen Degression, wonach Zeit gleich Verfall ist. Wenn ein Haus fertig gebaut ist, dienen alle weiteren Maßnahmen dazu, den Wertverfall möglichst zu verlangsamen. Ganz anders im Garten: Zeit ist hier mit einer Wertprogression gleichzusetzen, eine entsprechende Pflege vorausgesetzt. Dies gilt ganz besonders für das Rückgrat des Gartens, also die Gehölze. Gedacht war die Robinie übrigens als Ersatz für eine alte Schwarzkiefer, die leider gefällt werden musste. Die hatte Charakter, bestimmte den gesamten umliegenden Gartenbereich. Der junge Baum dagegen – nicht so sehr. Er benötigt erst einmal ganz viel Wasser, Nährstoffe und vor allen Dingen Zeit, um eine ähnliche Rolle zu spielen. Gut, dass es sich um eine vergleichsweise schnell wachsende Art handelt, die schon in relativ jungen Jahren eine eigene Persönlichkeit ausbildet. Persönlichkeit bei Bäumen, ist das nicht ein wenig übertrieben? Wenn man sich die uniformen Gestalten ansieht, die wir vom Straßenrand kennen, klingt das tatsächlich etwas merkwürdig. Aber gerade private Außenanlagen bieten die Chance, Schätze zu pflanzen und sie auch als solche zu behandeln. Belohnt werden wir mit Unikaten, die nicht nur zu Fixpunkten im Gartenjahr sondern zu echten Lebensbegleitern werden können. Damit die Freude möglichst ungetrübt lange anhält, sind vor der Pflanzung ein paar Fragen zu beantworten: Wieviel Platz steht zur Verfügung? Welche Bodenbeschaffenheit liegt vor? Wie feucht ist es? Wie kalt oder warm wird es? Ist eine Ernte gewünscht? Gibt es rechtliche Vorgaben? Und natürlich: Stimmt das Gesamtkonzept?


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FOTOS Soeren von Hoerschelmann


ein beitrag von landschaftsarchitekt soeren von hoerschelmann