Tausend und eine nacht in indien
Die Interiordesigner Caterina Rancho und Jan Gerlach aus Berlin haben sich das Ferienhaus von Marlon in Indien vorgenommen und den Familiensitz liebevoll in eine heimische Schönheit verwandelt. Ein Cliffhouse mit Blick auf das Arabische Meer, das als Feriendomizil zur Entschleunigung gebucht werden kann.
Auf den Klippen am Sandstrand der Malabarküste von Varkala hat man eine atemberaubende Sicht auf das Arabische Meer. Varkala selbst ist wegen des 200 Jahre alten Janardana-Swami Tempels ein bedeutender Pilgerort, wo das Wasser heilige Kräfte haben soll, um sich von Sünden reinzuwaschen. Und genau hier liegt das wunderschöne Cliffhouse von Marlon, direkt an einer Klippe, ein kleiner Weg führt direkt hinunter zum Strand. Ein Ort, an dem man die Seele baumeln lassen kann, ein Urlaub, von dem viele von uns träumen. Dieser Traum könnte wahr werden, denn ab Sommer diesen Jahres kann man Marlons Haus über ein Buchungsportal mieten.
Marlon ist Weltenbummler. Etwa drei bis vier Monate im Jahr lebte der Berliner in Varkala, als er vor drei Jahren das Anwesen von seinem Vater erbte. Caterina Rancho ist Fotografin, Set- und Interiordesignerin. Sie fotografiert hauptsächlich für Magazine und richtet selbst die Wohnungen und Ferienhäuser von Kunden ein. Jan Gerlach ist Industrie-Designer, gestaltet Möbel und Figuren von Preisverleihungen, richtet Foyers ein und ist Inhaber eines nachhaltigen Systems für den Verleih kabelloser Profiwerkzeuge in Berlin. Marlon war bereits zu Gast in den Ferienhäusern, deren Innerstes Caterina und Jan in Schönheiten verwandelt haben, als er sie bat ein Konzept für sein Haus in Indien zu erstellen.
„Als wir noch in Deutschland waren, starteten wir mit den Arbeiten an dem Cliffhouse und verschafften uns im Oktober 2023 erste Eindrücke mit Hilfe von Fotos und Videos, die uns der Architekt Arun Joseph Mathew vom Architekturbüro A & A zur Verfügung gestellt hatte“, erklärt Caterina Rancho. „Für die Farbgestaltung vor Ort und die komplette Einrichtung des Hauses hatten wir genau einen Monat Zeit. Das ist sportlich, hat aber auch Vorteile. Ich denke, es ist eines unserer Talente als Team, überlegt und trotzdem schnell zu einem Ziel zu kommen, das sich sehen lassen kann.“
Einzigartige ästhetik
und endloses blau der ägais
„Aus kulturellen Gründen besteht in Indien die Tendenz, wie bei der kunstvollen Tempelgestaltung die Innenräume mit Schnörkeln und aufwändiger Verzierung zu überladen.“ erklärt Caterina Rancho, „Davon wollten wir bei diesem Projekt abrücken, denn das Cliffhouse selbst könnte einem Tempel nicht unähnlicher sein.“ Die Designer änderten den Grundriss unten und reduzierten die Formsprache des Hauses. Sie schlossen die Türe vom Schlafzimmer zur Küche, entfernten die Wand zwischen Schlafzimmer und Ankleidezimmer, vergrößerten alle Fenster und Türen und bauten eine Türe ins Badezimmer, wo vorher nicht einmal ein Fenster war.
Bei den Materialien setzten sie auf Tradition. Im Außenbereich wird die Hitze des tropischen Indiens durch die rote Farbe repräsentiert, die warme Farbe des Bodens und der Erde rund um die Klippe – so fügt sich das Cliffhouse harmonisch in die Landschaft ein. Im Inneren verwendeten Caterina und Jan eher kalte Farben. Einerseits zur Abkühlung, aber auch um einen Bezug zum erfrischenden Meerwasser zu schaffen. Die Wände sind jeweils in zwei verschiedenen Farben unterteilt, was die Küstenlinie darstellt: Im unteren Schlafzimmer von Himmel und Dschungel der Nordklippe Varkalas; im oberen von Meer und steiniger Wand der Südklippe.
„Da es hier nicht erlaubt ist, die Wände des zweiten Stockwerks mit Ziegeln zu verschließen, um daraus einen ‚richtigen‘ Raum zu schaffen, haben wir die offenen Wände zum Nachbarn hin mit halbtransparenten Haremssteinen verschlossen, die in Indien eine lange Tradition haben. Aus diesem Stein wurden in Indien ganze Palastkomplexe gebaut, die den Haremsdamen einen Blick in die Außenwelt ermöglichten, aber keinen Einblick ins Innere“, schildert Caterina Rancho.
Alle Regale und Nachttische im Haus haben die Designer aus Möbeln gebaut, die zwar vorhanden, aber nicht mehr funktionsfähig waren und daher vom Eigentümer entsorgt werden sollten. „Als Naturschützer prüfen wir immer erst, was wir von dem, was wir haben, in etwas Neues verwandeln können, um unnötigen Abfall zu vermeiden“, erklärt Caterina, „man könnte sagen, dass uns die Designphilosophie von Wabi Sabi sehr am Herzen liegt.“
Der Einrichtungstrend Wabi Sabi führt auf die japanische Ästhetik zurück, die zum Perspektivwechsel anregt: Weg von der Perfektion hin zur Liebe und Schönheit im Unvollkommenen. Wabi bedeutet ursprünglich, sich elend, einsam und verloren zu fühlen; Sabi soll alt sein und Patina zeigen. Eine nicht offenkundige Schönheit also, die sich im Unscheinbaren verbirgt, eine Unvollkommenheit in einfachen Dingen zu erkennen und sie wertzuschätzen und die Vergänglichkeit zu akzeptieren.
FOTOS Caterina Rancho