Ruhepol im grünen
Sieckmann Walther Architekten bauen auf einem Pfeifenstielgrundstück ein Haus, das ein besonderes Spannungsverhältnis zwischen geschlossenem und offenem Baukörper aufweist.
Die Projekte auf der Webseite des Hamburger Architekturbüros waren für die Bauherren derart überzeugend, dass sie sich mit Sieckmann Walther Architekten auf ihrem neuen Grundstück in Volksdorf zum Kennenlernen und direkt zur weiteren Planung ihres neuen Zuhauses verabredeten. Grundstücke sind auch in den Vororten Hamburgs recht rar und so fanden die Bauherren ein Pfeifenstielgrundstück – eine im Hinterland eines bereits bebauten Grundstücks, neu ausgewiesene Fläche. Diese wurde noch einmal zweigeteilt, sodass hier zwei Neubaugrundstücke entstehen konnten, die von der Straße aus erschlossen worden sind – eine lange Stichstraße von etwa 40 Metern führt vorbei an dem Haus der ersten Reihe zum ersten Haus des Pfeifenstielgrundstücks, dessen Bau gerade begonnen hatte. Eine Aufweitung bildet eine Art Wendehammer für beide Häuser. Von hier aus biegt man auf den Vorplatz des Neubaus ein, welcher von der Straßenseite aus nicht zu sehen ist. Für sich und die zwei kleinen Kinder wünschten sich die Bauherren ein neues Zuhause. Einerseits sollte es sich vor den Blicken der Nachbarn verschließen, andererseits eine Verbindung von innen nach außen darstellen – den schönen grünen Freiraum auch im Inneren spüren, das war die Idee.
So entstand aus der Feder von Sieckmann Walther Architekten ein additives Konzept, wobei der kompakte Baukörper aus verschiedenen, ineinandergesteckten Volumina besteht. Durch die sich daraus entwickelnden überkragenden Baukörper, finden sich außen klar definierte Zonen: Eine überdachte Terrasse, die ohnehin auf der Wunschliste der Bauherren stand. Und als Pendant dazu, der überdachte Eingang als klare Geste dafür, dass sich der Besucher schon beim Ankommen geschützt fühlen kann.
Direkt neben der Haustüre bindet sich ein schönes, dezentes Element in die Struktur ein: Das Fenster des Gäste-WCs wurde wie in den 70er Jahren mitverklinkert. „Wir haben diese Art etwas anders interpretiert und den Ausschnitt mit Streifen offengehalten, um keinen direkten Einblick zu haben, aber dennoch eine Belüftung zu ermöglichen“, erklärt Martin Sieckmann. Der Eingangskubus gibt sich zur Straße und Richtung Nachbarn verschlossen. Durch das großzügige Portal betreten wir den Kubus und staunen nicht schlecht, als wir von offenen und lichtdurchfluteten Räumlichkeiten in Empfang genommen werden. Der helle Eingang geht sogleich in den Flurbereich über. Schon von dieser Stelle kann man durch das gesamte Wohnzimmer ins üppige Grün schauen. Im Entree befinden sich raumhohe Garderobenmöbel, ein Sitzfenster sowie ein deckenhohes Bücherregal. „Wir planen die Verteilungszone möglichst nicht als reine Flurzone, sondern versuchen immer, an dieser Stelle bereits einen Nutzungsbereich zu schaffen“, erklärt Architekt Martin Sieckmann.
Eigentlich handelt es sich bei dem gesamten Erdgeschoss um einen einzigen großzügigen und fließenden Raum, von dem das Arbeitszimmer und das Gäste-WC abgetrennt wurden. Ansonsten ist das untere Geschoss durch die Treppe und den Garderoben-/ Küchenblock unterteilt – diese Elemente zonieren den freien Grundriss. Auf der Rückseite der Treppe und Garderobe ist der raumhohe Küchenblock bündig eingearbeitet. Er bildet mit einem vier Meter langen Tresen den großzügigen Küchen-Ess-Bereich. Das offene Raumkontinuum wird besonders durch weißgeschlämmtes Eichen-Parkett unterstrichen, dass ununterbrochen verlegt wurde, auch im Küchenbereich.
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Die Treppe führt nach unten in den Keller des Hauses, der die Hälfte der Grundfläche ausmacht. Nach oben führt sie in die privaten Räumlichkeiten der Familie. Die absturzsichernde Lamellenstruktur der Treppe liefert Offenheit und Geschlossenheit zugleich und bietet nebenbei noch ein schönes optisches Detail: An zwei Seiten ihrer ursprünglichen Holzoptik, Richtung Flur und Richtung Treppe, sind die Lamellen weiß beschichtet. Nach der Treppe erreicht man den verglasten, hellen Vorbereich, von dem aus zwei Kinderzimmer, ein Elternschlafzimmer mit Ankleidebereich sowie das große Familien-Bad verteilt werden. Die Wanne vor der raumhohen Verglasung bietet einen ungestörten Blick ins Grüne.
Während im Inneren schwarze Fenster, Holzboden und weiße Wände den Farbkanon bilden, haben sich Architekt und Bauherren hier in der klinkergeprägten Umgebung für einen roten Langformatklinker als Außenhaut entschieden. Das Besondere: Er ist etwa 40 Zentimeter lang. „Für den Langformatklinker braucht man schon gute Handwerker, und die Firma, die hier am Werke war, konnte den Stein sehr gut verarbeiten. Dass sich innerhalb der Struktur ein gewisser Spielraum befindet, macht letztlich den Charme der Verarbeitung aus“, so der Architekt.
Der rote Klinker hüllt diesen wunderbaren Kraftort ein, der sich harmonisch in das Umfeld des Hamburger Vorortes einfügt.
ARCHITEKT Sieckmann Walther Architekten, Hamburg
BAUJAHR 2020
STATIK Schott & Pape Ingenieure, Hamburg
ENERGIEBERATUNG Bosse Westphal Schäffer, Winsen/Luhe
ROHBAU
Nickel & Looschen Bau, Garrel
DACHDECKER Bedachungs-GmbH Flüß & Meyer, Hamburg
SANITÄR/HEIZUNG Prehn & von Hoeßlin, Ahrensburg
TISCHLER/EINBAUMÖBEL/TREPPE KÜCHE
Kreitz & Hansen, Hamburg
PARKETT
geßler fußbodendesign, Hamburg
FLIESEN Ralf Ludwig, Wedel
GLASER
Glaserei Alexander Kerbs, Hamburg
MALER
Malerbetrieb Lindemann, Dorf Mecklenburg
EINBAUFENSTER Tischlerei Popken, Hamburg
TROCKENBAU Future Bau, Hamburg
KAMINBAU
Plewka, Kachelofen und Kaminbau, Nahe
GRÜNDACH
Dirk Nastke, GaLaBau, Lüdershausen
HERSTELLER Fenster, Kneer-Südfenster | Küche, next 125 | Sonnenschutz, ROMA | Klinker, Vandemoorte
FOTOS Frederike Heim