Nimbus der Dankbarkeit
Es sollte ein ganz besonderer Ort entstehen. LHVH Architekten verwirklichten im Oberbergischen einen sakralen Raum für Andacht und Stille, der Landschaft, Architektur und Sinn, modern eins werden lässt.
Er wollte ein Zeichen setzen. Er wollte etwas Beständiges und Unvergängliches errichten, das dem tiefen Dank seines beruflichen Erfolges und seinem Glück im Leben entsprechenden Ausdruck verleiht. Hier, an der südlichen Spitze des Oberbergischen Kreises, in einem Ortsteil von Morsbach liegt Kömpel. Hier befindet sich das Manifest des Dankes, zwar etwas versteckt, aber für jedermann zugänglich. Gerahmt von der unbeschreiblich schönen Natur des Bergischen Landes ragt die kleine Kapelle turmartig in die Höhe, die der Bauherr auf seinem eigenen Grundstück von LHVH Architekten errichten ließ. Der massive Baukörper strahlt starke und beschützende Präsenz aus, Glocke und Kreuz kennzeichnen die sakrale Nutzung. Die ansteigende Natursteinwand aus heimischer Grauwacke betont den Zuweg zu diesem besonderen Ort. Sie gleitet schleifenartig in die Wand über, die den Innenraum umschließt. Hinter der schlichten Eingangstüre befindet sich ein sechs Meter hohes, gebogenes Tor, das den Vorraum definiert und den Übergang von außen ins Innere definiert. Von hier aus können die Besucher den Innenraum betrachten, auch wenn die Kapelle geschlossen ist. Das Bauwerk stammt aus der Feder des Architekten Frank Holschbach, der in familiärer Verbindung zu dem Bauherrn steht.
Im Inneren des Gebäudes tauchen farbige Bleiverglasungen den Kratzputz in sanftes Licht und erzeugen dynamische Farbspiele, die den intimen, introvertierten Raum der Andacht und Stille betonen. „Das Schöne an diesem Projekt war, dass wir hier Handwerksarbeiten kennenlernen durften, mit denen man bei den üblichen Bauaufgaben nicht konfrontiert wird“. Der Architekt und der Bauherr besuchten auf Empfehlung der Lichtplaner den Glasmaler Gerlach Bente in seinem Atelier in Radevormwald. Nach einem Blick auf den Entwurf und einem Besuch vor Ort, schuf er den modernen Entwurf, der den Bauherrn und Architekten gleichsam begeisterte. Auch der Werkstattbesuch bei Derix Glasstudios im Taunus, die unter Berücksichtigung bester technischer Qualität den künstlerischen Gedanken optimal realisierte, hinterließ nachhaltigen Eindruck. Die Fenster in 40 Zentimeter Breite und knapp sieben Meter Höhe, der zylindrische Altar aus Grauwacke, die schlichten Kirchenbänke aus Eichenholz und eine geschnitzte Heiligenfigur vollendeten kunstvoll das Bauwerk, das zu Messe, Gebet und Einsicht mit szenisch programmierten Lichteinstellungen differenziert beleuchtet. Eigentlich bedarf die Funktion des kleinen Sakralbaus wenig Erläuterung. Sie ist einfach spürbar. Dazu tragen die verwendeten Materialien bei, die ortsverbunden sind und traditionell verarbeitet wurden, um etwas ganz Zeitgemäßes zu erzeugen. Aber es sind auch die nicht fassbaren Qualitäten wie das Spiel des Lichts, die Heranführung und schließlich die Geborgenheit des Innersten, die den Besucher inspirieren. Dieses Ergebnis ist auf die enge Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten, insbesondere bei der intensiven Detailplanung, zurückzuführen. Diese begann mit Skizzen und Modellen in unterschiedlichen Maßstäben, führte über umfangreiche Bemusterungen und endete mit Musterfassadenflächen und 1:1 Mockups, bevor die Planung dann in der eigentlichen Bauphase umgesetzt wurde. Besonders auch die Bogenform der geöffneten Gittertür, die sich in die Rundung der Wand einfügt, um nicht zum Hindernis zu werden. Für die Schmiede Münks war das als Raumfachwerk entworfene sechs Meter hohe Werkstück eine ungewöhnliche Herausforderung ihres handwerklichen Könnens. Weitere Beachtung verdienen die Lagen und Fugen des Mauerwerks aus Grauwacke, die perfekt ungleichmäßig geplant sind. „Hier haben die Handwerker dies erst an einer verborgenen Stelle im Hang geübt“, so Frank Holschbach. In dem Zusammenspiel von Bauherrn, Architekt, den Handwerksbetrieben und den Zutaten der Region entstand ein wunderschönes Bauwerk, das seinesgleichen sucht. Der Sakralbau ist als Teil des Kapellenkranzes Morsbach eine der acht Kapellen auf dem Wanderweg rund um den Ort. Er ist „Maria von der Immerwährenden Hilfe“ (ital.: „Madonna del Perpetuo Soccorso“) geweiht und unbedingt ein Besuch wert. Auch um die tiefe Dankbarkeit des Bauherrn zu erspüren, die auch noch in ferner Zukunft Bestand haben wird.
PLANUNG LHVH Architekten BDA Patnerschaft mbB; Lohner Holschbach Voss
SCHMIEDEARBEITEN Schmiede Münks, Meerbusch
LICHTPLANER Arnes Faulhaber Lichtplaner, Köln
FENSTERGESTALTUNG Glasmaler Gerlach Bente, Radevormwald; Derix Glasstudioss, Taunusstein
NATURSTEINFASSADE Holschbach Garten und Landschaftsbau, Roth
INNENPUTZ Heinz Vorwerk, Warendorf
ROHBAU Weschenbach Bauunternehmen, Morsbach
ELEKTRO Große-Allermann, Morsbach
FENSTERBAU/SCHLOSSEREI Metallbau Stefan Leidig, Friesenhagen
FOTOS Lukas Roth