Grafische Akzente Fließende Übergänge

Erweckt aus dem Dornröschenschlaf
Die Expertin Claudia Grotegut wurde mit der Generalsanierung eines denkmalgeschützten Familienbesitzes aus dem Jahr 1913 betraut und verwandelte es in ein generationsübergreifend zukunftsorientiertes Refugium, ganz im alten Charme.
Was darf bleiben? Was kann durch eine zeitgemäße Lösung ersetzt werden? Wer im Bestand baut weiß, dass man sich in einen reißenden Fluss begibt, bei dem unaufhörlich neue Entscheidungen getroffen werden müssen. Wenn dann noch Denkmalschutz besteht, braucht man schon einen Architekten zur Seite, der eine Expertise in dem Bereich aufweist und mit dem man im steten Dialog beste Lösungen finden kann. So traf die Bauherrenfamilie auf Claudia Grotegut, die auf hochwertige historische und denkmalgeschützte Bauten spezialisiert ist. Und die Architektin hatte wiederum Bauherren an ihrer Seite, die ein klares Verständnis dafür hatten, was ein solches Haus ausmacht, was die Besonderheiten sind und welche Qualität sich auf Dauer auszahlt.
Die historische Altbauvilla befindet sich in der Siedlung der Gutehoffnungshütte in Oberhausen – einer aus ortsgeschichtlicher, städtebaulicher und architektonischer Sicht einzigartigen Siedlung für das Rheinland. Sie orientiert sich an der Gartenstadtbewegung des 19. Jahrhunderts und wurde durch Professor Bruno Möhring als „Beamtenkolonie“ für leitende Kräfte der Gutehoffnungshütte geschaffen. Ihr charakteristisches Erscheinungsbild resultiert aus einer unauffällig variierten Villenbebauung im Landhausstil, wobei als wesentliches Element des Denkmals auch die bewusst gestaltete Parklandschaft anzusehen ist, die ein naturnahes Erlebnisbild englischer Vorbilder schafft und so die Qualität der Siedlung unterstreicht.
Aus ihrem Zuhause aus Kinderzeiten wollten die Bauherren einen generationsübergreifenden Familiensitz mit zwei separaten Einheiten schaffen. Natürlich war der Altbau mit der Zeit mehrfach teilrenoviert worden – den Verlauf konnte die Architektin sehr gut erkennen: In den 50er-Jahren wollte man neue Fenster, in den 80ern auf Sprossen verzichten. Alles hatte seine Berechtigung.
Jetzt ging es darum, das ursprüngliche Bild wiederherzustellen und den alten Charme herauszuarbeiten und wieder aufleben zu lassen – das war den Bauherren sehr wichtig. Als Claudia Grotegut das Haus betrat, hatte sie die Verwandlung der Villa im Dornröschenschlaf genau vor Augen. Das Gebäude brauchte jemanden, der mit neuer Energie an die Sache herangeht und ihm für den Generationssprung neues Leben einhaucht.
Da es an der denkmalgeschützten Altbauvilla erhebliche Substanzschäden gab, wurden zunächst die nicht mehr standsicheren Mauerwerkspfeiler, Decken und Brüstungen notgestützt, bevor sie denkmalkonform zurückgebaut, neu betoniert und wieder aufgemauert werden konnten. Gemeinsam wurde diskutiert, abgewägt, und entschieden. Bei der Komplettsanierung wurden die für das historische Erscheinungsbild wichtige Fensteröffnungen wiederhergestellt, Holzbalken freigelegt, Wände herausgenommen, Teile des defekten Dachstuhls ausgetauscht und ertüchtigt, die Dachdämmung und Ziegeleindeckung erneuert, Dachgauben nach historischem Vorbild neu errichtet. Die alten Fenster aus den 1950er bis 1980er Jahren ließ die Architektin gegen neue mit bauzeitlicher Teilung austauschen. Spezialisten für Sichtmauerwerk im Denkmal machten sich an die Fassade, reinigten sie, arbeiteten sie auf und verfugten sie nach historischem Vorbild. Die Haustechnik wurde denkmalkonform ausgetauscht und den heutigen Anforderungen angepasst. Das große Mosaikparkett und weitere Holzdielen sowie der terazzoähnliche Natursteinboden mit großen Steinanteilen wurden aufgearbeitet.
Jedes noch so kleine Detail musste mit der Unteren Denkmalbehörde abgestimmt und von ihr freigegeben werden. Bei der Generalsanierung des Denkmals entstand nicht nur ein formeller, sondern auch ein erheblich materieller Aufwand, der vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert wurde.
Dass die Villa so behutsam in unsere Zeit geholt wurde, ist nicht zuletzt der Materialwahl sowohl im Außen als auch im Inneren zu verdanken. Hier fand die Architektin Böden, die versteckt unter Teppichen, Spanplatten und Anstrich gut erhalten geblieben waren. Um den alten Charme zu bewahren, wurden sie aufgedeckt, gesäubert, abgeschliffen und ausgebessert. Mit Zementmosaikfliesen, Wandfarbe, Interior mit Reminiszenz an die 60er und stimmungsvollem Licht wurde auch das Innere harmonisch aufeinander abgestimmt. Klassische helle Farben von Farrow & Ball, die auf besondere Weise auf Licht reagieren, geben hier nun den Ton an. Sie werden mit besten Inhaltsstoffen von Hand gefertigt, wodurch jede Nuance eine charakteristische Sattheit und Tiefe erlangt.
Natürlich hatten sich die Bauherren im Vorfeld überlegt, wie man es generationsübergreifend aufteilen könnte und wie man Historie und Denkmal erhalten und dennoch zwei moderne praktikable Einheiten für die gesamte Familie entstehen lassen kann. Unten schuf Claudia Grotegut ein barrierearmes Refugium für die älteren, oben ließ sie neue helle luftige Freiräume für die neueren Familienmitglieder entstehen.
Mit Fingerspitzengefühl und Präzisionsarbeit erweckte die Architektin das historische Gebäude behutsam und bedacht aus dem Dornröschenschlaf. Sie schuf ein modernes lichtdurchflutetes Kleinod, dem sie seine klassische Schönheit zurückgab und ließ das wunderbare Gesicht mit dem Zauber der Zeit erstrahlen.
Architekt Claudia Grotegut Architektur + Konzept, Hattingen
Lage Oberhausen, NRW
Baubeginn/Fertigstellung März 2021/April 2022
Fassade/Mauerwerk RF Wendfeld wasserstrich Kohlebrand
Fassade/Fugen Zement- und Kalkwerke Otterbein, Großenlüder
Sichtmauerwerk/Fassade Spezialbau Strotmann, Bottrop
Dachdecker/Klempner Hilterhaus Bedachungen, Mülheim a. d. Ruhr
Sanitär H. Schäfer Heizung-Sanitär, Essen
Elektro Muß, Gelsenkirchen
Tischler/Türen TCS – Tischlermeister Christian Sänger, Bochum
Tischler/Fenster Terhalle Holding, Ahaus
Metallbau FENESTRA Metall-Bauelemente, Düsseldorf
Trockenbau Ralf Wiederhöft, Dortmund
Plattierung/Fliesen/Mosaik Bernhard Bielefeld, Gelsenkirchen
Markenliste:
Boden VIA-Zementmosaikplatten
Armaturen Bäder hansgrohe | AXOR
LeuchtenKüche/Badausstattung VIPP
Wandleuchten Wohnbereich Ginger, Marset BCN
Treppenstufenbeleuchtung Flindt, Louis Poulsen
Wandfarben Farrow & Ball
Schalter Jung LS990
Foto Lioba Schneider